Aus der Frankfurter Rundschau:
Fußball-Zweitligist Kickers Offenbach hat gegen Mainz 05 am Anfang Glück und kämpft sich dann zum Erfolg
VON ANDREAS HUNZINGER
Angst? Nein, wer Fußballer sei, kenne keine Angst, sagte Dino Toppmöller später. Später war gegen 16.05 Uhr, und da hatte der Stürmer des Fußball-Zweitligisten Kickers Offenbach leicht reden. Schließlich stand zu diesem Zeitpunkt seit einer Viertelstunde fest, dass der OFC den Erstligaabsteiger FSV Mainz 05 überraschend 2:0 (0:0) besiegt hatte.
Den meisten der 18 154 Fans im Stadion am Bieberer Berg dürfte in der Anfangsphase der Begegnung allerdings mehrfach das Herz in die Hose gerutscht sein. Denn in den ersten 20 Minuten der Partie dominierten die Mainzer derart eindeutig, dass den Offenbacher Akteuren bisweilen schwindelig wurde. „Da hatten wir einiges an Glück“, gab Torjäger Suat Türker hinterher zu, während Trainer Wolfgang Frank festgestellt hatte, „dass wir gar nicht an die Bälle kamen“.
Doch da die Mainzer ihre klaren Möglichkeiten durch Daniel Gunkel (4.), Markus Feulner (6.), Ranisav Jovanovic (11.) und Milorad Pekovic (17.) allesamt ungenutzt ließen und sich alsbald in ihrer Überlegenheit einrichteten, entwickelte sich das Spiel wie so viele vorher, wenn ein überlegenes Team aus seiner Dominanz kein Kapital schlägt. Nachdem der OFC – überraschend mit Bastian Pinske statt des Brasilianers Sidney auf der linken Verteidigerposition – durch Türkers Direktschuss das 1:0 vorlegt hatte (41.), neigte sich die Waage zu Gunsten der Offenbacher. Die „klemmten sich mehr und mehr in die Zweikämpfe“ (Trainer Frank) und kauften somit dem fußballerisch besseren Gegner den Schneid ab.
In der Folgezeit verloren die Mainzer ihre spielerische Linie und zudem in Person von Chadli Amri noch die Nerven. Der Stürmer fühlte sich nach einer Einwurfentscheidung zu seinen Ungunsten dazu bemüßigt, Schiedsrichterassistent Roland Greth den „Scheibenwischer“ zu präsentieren und sah dafür die Rote Karte (66.). Als dann Kapitän Thorsten Judt nach 73 Minuten zum 2:0 für den OFC traf, war die Begegnung eigentlich gelaufen. Auch wenn Trainer Frank gestand, „bis zum Schluss Bedenken“ gehabt zu haben. Aber die Mainzer besaßen an diesem Tag nicht den Willen, um der Partie noch eine Wende zu geben (siehe auch Text auf der nächsten Seite).
Den Offenbachern war es egal, sie feierten einen „Sieg mit Wirkung“, so Trainer Frank. Denn nach der 1:3-Schlappe am vergangenen Spieltag in St. Pauli haben die Kickers zunächst einmal alle beginnenden Zweifel an ihrer Qualität im Keim erstickt. Natürlich, so Mittelfeldspieler Oualid Mokhtari, „müssen wir uns im Aufbau steigern“. Aber in puncto Moral bedeutete der Erfolg gegen den Favoriten einen nicht zu unterschätzenden Gewinn für den OFC.
Am kommenden Mittwoch bei Carl Zeiss Jena können die Kickers beweisen, inwieweit das Vertrauen in die eigene Stärke zugenommen hat. Bei einem weiteren Sieg würden sie sich erst einmal in der Spitzengruppe festsetzen. Davon und von vermeintlich gloriosen Perspektiven will beim OFC aber keiner etwas wissen. Ob nun das Saisonziel neu definiert werden müsse? Kapitän Judt hat dazu eine eindeutige Ansicht: „Alles Schwachsinn.“
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