Aus der Offenbach Post:
Für OFC-Präsident Müller ist Kritik an Spielweise nicht gerechtfertigt
Offenbach – Seit fast sieben Jahren, seit November 2000, ist Dieter Müller Präsident der Offenbacher Kickers. Unter der Führung des ehemaligen Nationalspielers hat der Verein den Sprung vom letzten Platz in der Regionalliga in die 2. Bundesliga geschafft, belegt nach dem zehnten Spieltag den zehnten Platz. Über die aktuelle Situation beim OFC sprach unser Redaktionsmitglied Jochen Koch mit Dieter Müller (53).
Welche Zwischenbilanz ziehen Sie nach fast einem Drittel der Saison?
Dieter Müller (OFC-Präsident): Wir liegen absolut im Soll und sind zufrieden. Am Anfang kam nach dem guten Start Euphorie auf, aber ich habe immer gewusst, man darf das nicht übertreiben. Jetzt machen wir gerade eine kleine Durststrecke durch. Unser Ziel bleiben die 40 Punkte für den Klassenerhalt.
Entspricht der zehnte Platz dem Leistungsvermögen der Mannschaft?
Müller: Das weiß ich noch nicht. Wenn wir auch am Ende Zehnter sind, wäre ich zufrieden.
Sind Sie mit der Spielweise der Mannschaft zufrieden?
Müller: Im Großen und Ganzen ja. Wir spielen sehr diszipliniert, taktisch hervorragend organisiert. Fußballerisch sind wir ein bisschen limitiert. Es ist niemand da, der ein Spiel allein entscheiden kann, oder einen tödlichen Pass spielen kann. Aber daran arbeiten wir intensiv.
Vermissen Sie als ehemaliger Stürmer nicht manchmal etwas mehr Offensivspektakel?
Müller: Wir sind im Sturm ganz gut aufgestellt. Aber im Moment hapert es etwas. Suat Türker ist leider etwas verletzungsanfällig und nur schwer zu ersetzen. Dino Toppmöller macht gerade eine Krise durch, wie sie jeder Stürmer mal hat. Er wird vom Publikum zu kritisch gesehen. Ihm fehlt einfach ein Erfolgserlebnis. Anestis Agritis hat gezeigt, dass er wertvoll sein kann, aber er hat den Durchbruch noch nicht geschafft. Denis Epstein wird sich noch weiter entwickeln.
Mit Marco Reich und Sean Dundee sind zwei Stürmer im Kader, die bei Wolfgang Frank derzeit keine Rolle spielen.
Müller: Sean Dundee hat es sehr schwer. Ich weiß nicht, ob er den Anschluss noch einmal schafft. Marco Reich, da muss man mal abwarten. Wir haben ihm gesagt, er soll noch einmal auf den Trainer zugehen, das Gespräch suchen. Vielleicht muss man in der Winterpause eine gemeinsame Lösung finden.
Welche Perspektive hat die Mannschaft?
Müller: Einige Spieler haben noch großes Potenzial. Ich denke an Wörle, Mokhtari, Agritis, Epstein auch Müller, die eine positive Entwicklung hinter sich haben und nun vor dem nächsten Sprung stehen. Oder besonders Niko Bungert. Da ist überall noch Luft nach oben.
Auch Torwart Daniel Endres ist ein junger Spieler. Werden die Kickers in der Winterpause einen neuen Torhüter verpflichten?
Müller: Endres ist ein guter Junge und hat unser Vertrauen. Aber es wäre fahrlässig, den Markt nicht im Auge zu behalten.
Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen Zufriedenheit mit Platz zehn und Unzufriedenheit mit der Spielweise der Mannschaft. Verstehen Sie die Kritik vieler Zuschauer?
Müller: Ich glaube, das ist generell ein Problem unserer Gesellschaft, dass man zu schnell unzufrieden ist und vergisst, welche Möglichkeiten zur Verfügung stehen. In Offenbach wird vieles zu kritisch gesehen. Da bin ich manchmal schon erschüttert. Diese Kritik ist nicht gerechtfertigt. Wolfgang Frank ist einer der besten Zweitligatrainer, aber er kann auch keine Wunderdinge vollbringen. Man darf doch nicht vergessen, welche Konkurrenz wir in dieser Liga haben und dass wir jetzt das dritte Jahr zu den besten 36 deutschen Klubs zählen. Schauen Sie mal nach Braunschweig, Saarbrücken, Essen, Dresden. Wo sind diese Traditionsklubs? Dritt- oder viertklassig. Wir dürfen und wollen uns nicht über unsere Fans beschweren, aber sie sollten die Sache doch etwas positiver sehen.
In fünf Heimspielen haben die Kickers einen Schnitt von 12 119 Zuschauern erreicht. Sind Sie damit zufrieden?
Müller: Zumindest nicht unzufrieden. Nur wenn man ganz oben mitspielt, kommen viel mehr.
Welche Perspektive hat Kickers Offenbach? Geht es immer nur um den Klassenerhalt in der 2. Liga?
Müller: Wenn wir weiter solide arbeiten, haben wir sicher die Chance, an die Tür zur Bundesliga zu klopfen. Aber das dauert noch zwei, drei Jahre. Wir müssen bis dahin die Strukturen verbessern und wir brauchen ein neues, modernes Stadion.
Wie weit sind die Planungen dafür?
Müller: Wir sind in vielen Gesprächen, das braucht noch Zeit. Aber wir brauchen eine Lösung. Nur dann können wir uns entscheidend weiterentwickeln.