Aus der Offenbach Post:
Enttäuschende Vorstellung gegen starken Tabellenführer
Von Jochen K o c h
Mönchengladbach – Auch der letzten Illussion beraubt, verließen die Offenbacher Kickers gestern den Borussia-Park in Mönchengladbach. Aufstiegsfavorit gegen Abstiegskandidat – so verlief auch das Spiel. Mit der 0:3-Niederlage waren die Gäste noch gut bedient. Der Trainerwechsel hat noch keine Wirkung gezeigt. Im Gegenteil: Die Kickers beschleunigen ihre Talfahrt. Seit acht Punktspielen, seit dem 2:0 gegen Mainz am 23. September, sind sie nun schon sieglos. Eine beängstigende Serie.
Noch trennen vier Punkte die Kickers von einem Abstiegsplatz, doch das kann sich schon am Sonntag ändern. Die Kickers bestätigten ihren Ruf als harmlosestes Team der 2. Liga. Vor dem Auftritt in Mönchengladbach hatten sie in 13 Spielen ganze 32 Schüsse auf die gegnerischen Tore abgegeben. Gestern kamen zwei (!) dazu. Die Kickers sind das einzige Team ohne Tor durch einen Fernschuss. Einhelliger Kommentar im Borussia-Park: Das war der bisher schwächste Gegner für die Borussia. Nach 17 Arbeitstagen war die Handschrift von Jörn Andersen noch nicht zu erkennen. Den Offenbachern war die Negativserie gegen den hohen Favoriten von Beginn an anzumerken. Vom angekündigten neuen, offensiveren Spielsystem war nichts zu sehen. Natürlich war das beim Tabellenführer nicht unbedingt zu erwarten. Aber die Art und Weise, wie die Kickers sich im Borussia-Park von der ersten Minute an unterordneten und phasenweise an die Wand gespielt wurden, war schon beängstigend.
Konzentriert und engagiert erarbeiteten sich die ballsicheren Mönchengladbacher von der ersten Minute an ein Übergewicht. Einziges Manko war die mangelnde Chancenauswertung. Schon nach 16 Minuten waren die vagen Hoffnungen auf eine Überraschung verflogen. Vergebens versuchten fünf Offenbacher einen Mönchengladbacher vom Ball zu trennen. Marcel Ndjeng stocherte den Ball an einigen Offenbacher Beinen vorbei, umkurvte noch Thier und schob zum 1:0 ein.
Die zaghaften Bemühungen der Kickers, nach vorne zu spielen, endeten fast immer mit einem Fehlpass. Torgefahr entwickelten die Gäste überhaupt nicht. Bei den bedauernswerten „Spitzen“ Türker und Toppmöller kamen überhaupt keine verwertbaren Bälle an. Offenbacher Torschüsse? Null.
Als die Mönchengladbacher in der zweiten Halbzeit frontal auf die mit 15 000 Fans voll besetzte Nordtribüne losstürmten, bekamen die Kickers Riesenprobleme und hatten zunächst zweimal großes Glück, als Ndjeng und Brouwers frei stehend aus fünf Metern über das Tor schossen. Ein Aufbäumen war nicht zu spüren.
Zu groß war der Leistungsunterschied der beiden Mannschaften. Ein Fehler von Cesar Thier leitete dann das entscheidende 2:0 ein. Der OFC-Torhüter hielt einen 25-m-Schuss von Coulibaly nicht fest und – wie fast immer in diesem Spiel – war ein Gladbacher den Tick schneller am Ball als ein Offenbacher, und Abwehrspieler Brouwers schob den Abpraller aus vier Metern ins Netz (63.). Das Spiel war gelaufen und das 3:0 durch Paauwe nach einem Eckball, als wieder niemand energisch störte, noch eine Zugabe. Die Enttäuschung bei Trainer Jörn Andersen war so groß, dass er seine Spieler unmittelbar nach dem Schlusspfiff von allen Fernsehkameras und Mikrofonen holen ließ und in der Kabine recht laut geworden ist.
Klar, ist, dass nun der Druck vor dem vom Präsidium zum „Bekennerspiel“ hochstilisierten Spiel gegen den SC Freiburg ungleich größer ist. „Das war keine gute Werbung“, sagte Vizepräsident Thomas Kalt. Und nach dieser Vorstellung dürfte Andersens Wunschliste mit Namen von Verstärkungen um einiges länger geworden sein.