Aus der Offenbach Post:
Stuttgart – Verkehrte Fußballwelt in Stuttgart. Die blauen Kickers waren die bessere Mannschaft, doch die roten Kickers jubelten. Mit dem 1:0-Sieg schafften die Offenbacher Kickers nicht nur den dritten Auswärtssieg, sondern auch die glänzende Ausgangsposition für ein Spitzenspiel am Samstag gegen Fortuna Düsseldorf.
Mit einem Sieg könnten die Kickers nun sogar noch einmal in das Aufstiegsrennen eingreifen. Soweit das Positive. Denn was die Offenbacher beim Tabellenletzten ablieferten, erinnerte fast an das Desaster bei Werder Bremen II (1:3).
Trainer Hans-Jürgen Boysen war stinksauer über die mäßige Leistung seiner Mannschaft. Nur die Abwehr habe ihn überzeugt, „alles was davor gespielt hat, war unterirdisch, Unsere Offensive hat nicht stattgefunden. Ich glaube nicht, dass der Tabellenletzte jemals so wenig Schwierigkeiten hatte, wie heute gegen uns. Das war ein sehr schlechtes Spiel von uns, die bessere Mannschaft hat verloren.“ Nachdem er dann noch die „Unverschämtheit im Zweikampfverhalten“ kritisiert hatte, zog er es vor zu schweigen. „Es kommt nichts Positives mehr, deshalb halte ich jetzt die Klappe.“
Mit seiner Wutrede überraschte Boysen auch Vizepräsident Thomas Kalt. „Für die Beurteilung der Leistung ist der Trainer verantwortlich. Aber bei mir überwiegt die Freude, dass wir jetzt das Spiel gegen Düsseldorf haben, das wir haben wollten. Ich bin sicher, dass über 12 000 Zuschauer kommen werden. Dieses Spiel hat sich die Mannschaft mit der guten Saisonleistung erarbeitet. Heute haben wir eben auch einmal ein schlechtes Spiel gewonnen.“
Nach verhaltenem Beginn hatte der Tabellenletzte seine größte Chance schon in der 15. Minute durch Josip Landeka. Der ehemalige Jugendspieler der SG Rosenhöhe kam aus zehn Metern nach einer Hereingabe von Smeekes völlig frei zum Schuss, verzog den Ball aber fünf Meter über das Tor. Die Offenbacher erkämpften sich nun zwar ein optisches Übergewicht, aber es fehlten die spielerischen Mittel, um wirklich gefährlich zu werden. Besonders in der Kreativzone im Mittelfeld herrschte ein Vakuum, weil Sebastian Becker, Steffen Haas und Christian Pospischil gegen die tief stehenden Stuttgarter den letzten Pass in die Spitze oder auf die Außen nicht zustande brachten.
Etwas überraschend bestimmten die Stuttgarter die Anfangsphase der zweiten Halbzeit, weil sie von Beginn an aggressiver arbeiteten und die Gäste unter Druck setzten. OFC-Torwart Robert Wulnikowski verhinderte den Offenbacher Rückstand, als er mit den Fingerspitzen einen abgefälschten Schuss von Torsten Traub von der Linie fischte (54.). Die Stuttgarter drängten nun auf ein Tor, während die Offenbacher auf Konter setzten – oder setzen mussten. Der an der Außenlinie fast wie Rumpelstilzchen tobende Boysen reagierte schnell, versuchte das Spiel mit den frühen Einwechslungen von Christian Fröhlich (50.) und Suat Türker (56.) und dann mit dem ebenfalls offensiv ausgerichteten Mounir Chaftar wieder in den Griff zu bekommen. Was auch gelang, weil der Tabellensechste dank der besseren Physis die konditionell nachlassenden Stuttgarter wieder nach hinten drängte.
Doch den roten Kickers fehlte gegen die blauen Kickers immer wieder die Präzision und das richtige Timing im Passspiel. Zwei, drei Konterchancen, die nicht gut ausgespielt wurden, aber richtig gefährlich wurden die Gäste nicht mehr. Doch kurz vor Schluss gab es doch noch das Happyend. Ein abgefälschter Schuss von Steffen Haas kullerte Richtung Torlinie und Mirnes Mesic bugsierte den Ball aus abseitsverdächtiger Position mit dem Knie zum „goldenen“ 1:0 über die Linie. Richtig jubeln wollte Mesic nicht, „denn ich hatte hier bei den Stuttgarter Kickers dreieinhalb Jahre lang eine schöne Zeit.“ Sein Tor war die Lizenz zum Nachdrucken von Eintrittskarten für das Spiel am Ostersamstag gegen Fortuna Düsseldorf.