Der Kickers-Verteidiger hat lange auf der Bank geschmort und dann seine plötzliche Chance genutzt
VON ANDREAS HUNZINGER (Quelle: fr-online.de)
Ernsthaft auf der Rechnung hatte ihn keiner mehr. Wenn in den zurückliegenden Wochen über die Aufstellung der Offenbacher Kickers für ein Punktspiel in der Zweiten Fußball-Bundesliga gesprochen wurde, fiel kaum einmal der Name Ramazan Yildirim.
Der 31 Jahre alte Türke, in der furiosen Rückrunde der Saison 2005/2006, als der OFC den Klassenerhalt sicherte, Stammkraft, schien ausgedient zu haben. Letztmals von Anfang an hatte er im November 2006 beim 1:4 in Burghausen gespielt, in der Rückrunde war Yildirim Mitte März beim Auswärtsspiel in Aue eingewechselt worden. Vorher und nachher hatte der drahtige Defensivmann nur noch auf der Bank gesessen – und oft nicht mal das. Coach Wolfgang Frank wiederum hatte in den vergangenen Monaten auf der Position des rechten Verteidigers viel experimentiert. Mal spielte Christian Müller, dann Lars Weißenfeldt. Zudem probierte es Frank mit den gelernten Innenverteidigern Niko Bungert und Daniel Schumann oder mit Alen Basic, der im Januar auch als Alternative für den Posten des rechten Verteidigers verpflichtet worden war.
Mit Ausnahme von Müller, der als Nummer eins auf der Position gilt, konnte keiner der Kandidaten durchgängig überzeugen. Und so schlug am vergangenen Wochenende in Augsburg wieder Yildirims Stunde, da Müller gesperrt war. Der 1,78 Meter große und 65 Kilogramm schwere Türke nutzte seine Chance mit einer sehr soliden Leistung. Dass der Routinier nicht zu den filigransten Fußballern zählt und somit nicht der Prototyp des Offensivverteidigers ist, tat dem keinen Abbruch. Yildirim selbst hat seine gutgute Vorstellung unaufgeregt zur Kenntnis genommen. Er wisse, was er kann, sagt er.
An seiner Einstellung gab es ohnehin nie einen Zweifel. Coach Frank und Sportmanager Michael Dämgen lobten stets die vorbildliche Berufsauffassung des Mannes mit der Rückennummer 20. „Ich habe immer seriös trainiert“, sagt Yildirim, „als Profi ist es normal, alles dafür zu tun, um fit zu sein, wenn einen der Trainer braucht.“ Gleichwohl verhehlt der Routinier nicht, dass es für ihn unbefriedigend gewesen sei, Ersatz zu sein. „Das liegt doch auf der Hand.“ Aufgeben kam jedoch nie in Frage, und in Augsburg erhielt Yildirim den Lohn für die Extraschichten, die er geschoben hat.
Nun hofft er, dass er auch am kommenden Sonntag, wenn der OFC beim 1. FC Köln antreten muss, erneut rechts verteidigen darf. Denn sein Vertrag läuft aus, und nach dem bisherigen Saisonverlauf dürfte Yildirim nicht die besten Karten für eine Verlängerung haben. Das beschäftigt ihn momentan aber nicht. „Meine Situation ist nicht wichtig“, sagt Yildirim. Gedanken über die Zukunft „wären ein unnötiger Kraftverlust. Ich brauche meine ganze Energie für die Mannschaft und den Klassenerhalt.“ Und wenn der auch deshalb gelingt, weil Yildirim in den noch ausstehenden Spielen gut verteidigt, wäre das sicher kein schlechtes Argument für eine Zukunft beim OFC.