Aus der Offenbach Post:
Vor 30 Jahren: Sechs Tore in einem Spiel
Von Jochen K o c h
Offenbach – „Eine gute Flasche Wein“ will sich Dieter Müller heute gönnen. Schließlich ist es ein besonderer Tag für den 53-jährigen Präsidenten der Offenbacher Kickers. Heute vor 30 Jahren hat Dieter Müller wahrscheinlich einen Rekord für die Ewigkeit aufgestellt. Der Mittelstürmer des 1. FC Köln hat am 17. August 1977 gegen Werder Bremen (7:2) sechs Tore erzielt. So viele wie kein anderer Bundesligaspieler.
Können Sie sich noch an jedes der sechs Tore erinnern?
Dieter Müller: Vier habe ich nach Standards mit Kopf und Fuß gemacht, dann noch zwei Abstauber. Das paradoxe ist, ich hätte acht Tore machen müssen, weil ich noch zwei freie Chancen vergeben habe. Leider gibt es keine Fernsehaufzeichnung von dem Spiel. Damals wurden von einem Bundesligaspieltag nur die Ausschnitte von drei Spielen gezeigt.
Seit 30 Jahren halten Sie die Bestmarke. Ist es ein Rekord für die Ewigkeit?
Müller: Gut möglich. Aber vielleicht kommt auch noch einer und knackt den Rekord. Gerd Müller und der Tönnies von Duisburg waren mit fünf Toren nah dran.
Gerd Müller hat gesagt, die Torjäger von einst hätten es heute gegen die Abwehrketten leichter, würden noch mehr Tore schießen. Hat er recht?
Müller: Ich weiß nicht. Wir Mittelstürmer hatten immer zwei Gegenspieler, Vorstopper und Libero. Insofern wäre es vielleicht jetzt einfacher. Aber wir haben damals in sehr guten Mannschaften gespielt. Der Gerd hatte den Beckenbauer, Hoeneß. Ich hatte ein sehr gutes Mittelfeld mit Overath, Flohe, Neumann, die Flanken kamen von Hannes Löhr. Wir würden auch heute noch unsere Tore machen. Entscheidend ist, hast du die Fähigkeit, Tore zu schießen, oder nicht.
Sie wurden zweimal Torschützenkönig, mit 24 und 34 Toren. Heute schießt kein Stürmer mehr 30 Tore, warum?
Müller: Fußball ist athletischer, robuster, schwieriger geworden, und die Torhüter sind viel besser geworden.
Wer ist für Sie der beste Stürmer in der Bundesliga?
Müller: Der beste ist gegangen: Roy Makaay fand ich Klasse. Im Moment ist Miroslav Klose der kompletteste Stürmer. Ihn finde ich auch als Typ gut. Klose macht nie den dicken Max, ist bescheiden geblieben.
Gibt es noch Kontakte zu Mitspielern von damals?
Müller: Kaum. Welcher Job ist schwieriger: Spieler oder Präsident?
Müller: Präsident. Als Spieler machst du deine Arbeit, fertig. Als Präsident hast du viel mehr Verantwortung, du brauchst viel mehr Geduld, du stößt an Grenzen. Als Spieler hast du eine Baustelle, auf dem Spielfeld. Als Präsident hast du 100 Baustellen.
Ihr damaliger Kapitän Wolfgang Overath ist jetzt wieder ihr Kollege, als Präsident vom 1. FC Köln. Tauschen Sie sich manchmal aus?
Müller: Nein. Köln ist etwas ganz anderes als Offenbach. Die haben eine WM-Arena, 45 000 Zuschauer, müssen aufsteigen. Es wäre schön, wenn wir mit einem neuen Stadion auch andere Möglichkeiten schaffen könnten. Aber da kann uns Wolfgang Overath auch nicht helfen.