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Aus der Frankfurter Rundschau:
VON ANDREAS HUNZINGER

Jörn Andersen musste erst einmal Luft holen. Dann räusperte sich der Trainer der Offenbacher Kickers und sagte: „Das war kein normales Spiel.“ Auch wenn an diesem sonnigen Nachmittag im Stadion am Bieberer Berg mancher einige Dinge anders gesehen hatte als der Trainer des hessischen Fußball-Zweitligisten, in diesem Punkt dürfte ihm jeder zugestimmt haben. Denn eine 1:7-Heimniederlage widerfährt einem Klub nicht alle Tage. „Wir haben ein schlimmes Spiel erlebt“, sagte auch OFC-Kapitän Thorsten Judt, während sein Kollege Bastian Pinske von „einem Debakel“ sprach.

Dass es im Duell mit Tabellenführer Borussia Mönchengladbach so gekommen war, lag an zwei entscheidenden Szenen: in der 44. und in der 48. Minute. In der 44. Minute sah Kickers-Angreifer Aristide Bancé nach einer Grätsche gegen den Gladbacher Oliver Neuville die Rote Karte (siehe auch nebenstehenden Artikel), in Minute 48 flog auch OFC-Innenverteidiger Moses Sichone vom Platz, nachdem er den einköpfbereiten Gladbacher Roel Brouwers festgehalten hatte.

Zu dem Zeitpunkt lagen die Kickers nach einem von Martin Hysky an Borussen-Torjäger Rob Friend verursachten, allerdings umstrittenen und von Neuville verwandelten Foulfmeter (27.) 0:1 zurück, und Neuville besorgte mit dem nach Sichones Halten verhängten zweiten Strafstoß das 2:0 für den designierten Bundesliga-Rückkehrer.

Auch wenn der OFC durch ein kurioses Eigentor der Gladbacher – Brouwers köpfte den Ball nach einem langen Pass von Judt über seinen herausgelaufenen Torwart Christopher Heimeroth ins Netz (56.) – noch einmal auf 1:2 herankam, war die Partie mit der zweiten Roten Karte eigentlich entschieden. Zumal Marco Marin (58.) und Sharbel Touma (66.) schnell wieder auf 4:1 erhöhten. Danach ergaben sich die Offenbacher in ihr Schicksal und erlebten nach weiteren Treffern von Marcel Ndjeng (73./90.) sowie Somaila Coulibaly eine der bittersten Stunden der vergangenen Jahre.

Trainingslager in Freiburg

Entsprechend herrschte hinterher Schockzustand. Noch am Abend saßen der Offenbacher Vorstand, Sportmanager Michael Dämgen und Coach Andersen zusammen. Was genau gesprochen wurde, wollte Kalt nicht sagen. Kritische Fragen an Andersen wegen seiner vermeintlich zu offensiven Ausrichtung nach der zweiten Roten Karte – der Coach hatte auf eine Dreierabwehrkette umgestellt -, habe es nicht gegeben, so Kalt. „Der Untergang ist nicht der Taktik geschuldet, sondern der Qualität und der extremen Spiellust der Gladbacher“, sagte Kalt. „Egal, wie wir auf- und umgestellt hätten, wir wären mit einem ähnlichen Ergebnis vom Platz gegangen.“

Ein Ergebnis förderte das Zusammentreffen aber doch zutage. Der OFC wird, anders als ursprünglich geplant, bereits heute nach Freiburg reisen und dort ein Trainingslager beziehen. Denn schon am Mittwoch steht die Partie beim SC Freiburg an. Dass den Kickers angesichts des Desasters sowie des Fehlens von Bancé und Sichone wenige Chancen eingeräumt werden, beim Aufstiegsanwärter zu punkten, dessen sind sich alle beim OFC bewusst. Jörn Andersen gab sich allerdings kämpferisch. Sofort abhaken müsse man das Debakel, sagte der OFC-Coach, um dann nachzuschieben. „Alle, die uns jetzt abschreiben, machen einen Fehler. Wir werden wieder aufstehen.“

Auch Waldemar Klein ist davon noch überzeugt. Der Ehrenpräsident des OFC hatte direkt nach dem Spiel die Mannschaft in der Kabine aufgesucht und ihr mit auf den Weg gegeben: „Jetzt könnt ihr beweisen, dass ihr Männer seid.“