Aus der Offenbach Post:
Aue ‐ In die Halbzeitpause sind die Offenbacher Kickers am Samstag als Spitzenreiter der 3. Liga gegangen. 2:0-Führung in Aue. Die Mannschaft spielte gut, dominierte den Angstgegner. Es folgte eine unfassbare zweite Halbzeit. Nach vier Gegentoren in 45 Minuten schlichen die Offenbacher als Tabellenvierter vom Feld. Von Jochen Koch
Im fünften Spiel die fünfte Niederlage in Aue, ein weiteres Defensivdebakel. Neun Tore haben die Kickers in den letzten vier Spielen geschossen. Das reichte aber nur zu zwei Punkten, weil die einstmals beste Abwehr der Liga amateurhaft spielt und in diesen Spielen zwölf Tore kassierte.
„Wir haben uns wie eine Schülermannschaft verhalten“, hielt Sportmanager Andreas Möller Frust und Wut mühsam unter Kontrolle. „In solchen Spielen können Helden geboren werden“, hatte Möller vor der Reise ins Erzgebirge auf das Ende der Negativserie gehofft. Stattdessen hat sich die Krise nach nur einem Sieg in den letzten sechs Spielen dramatisch zugespitzt. „Anfängerhafte Fehler“ schimpfte Steffen Menze, dessen Geduld mit seiner Abwehr zu Ende ist. Nach zwei weiteren individuellen Fehlern von Martin Hysky wechselte er seinen Kapitän aus. Ein klares Zeichen, wen der Trainer als Hauptverantwortlichen für das Desaster der letzten Wochen sieht.
Der OFC hatte in den ersten 45 Minuten den Eindruck erweckt, als sei die Krise überwunden. Nach der glücklichen Führung durch ein Eigentor von Glasner (3.), demonstrierten die Gäste mit einem herrlich herausgespielten 2:0 durch Stefan Zinnow ihre Offensivqualitäten. 2:0-Führung, Gegner unter Kontrolle – das müsste reichen. Wenn da nicht die Halbzeitpause wäre.
Da müssen sich beim OFC mysteriöse Dinge abspielen. Zum dritten Mal hintereinander hat der OFC nach der Pause eine Führung verspielt. 2:1 gegen Sandhausen – Endergebnis 3:3. 1:0 gegen Bayern München, am Ende 1:2. 2:0 gegen Aus, Endergebnis 2:4. Torverhältnis dieser Spiele vor der Pause: 5:1. Nach der Pause: 1:8. Geht dem OFC die Luft aus? „Nein, an der Kondition liegt es nicht“, widerspricht Menze. „Wir scheißen uns nach der Pause in die Hose“, sieht Alexander Huber mehr ein Problem mit der Einstellung und Konzentration.
Auffallend ist, dass die Mannschaft seit dem Sprung auf Platz eins schwächelt. Gleichzeitig begannen Diskussionen um den Aufstieg, Zukunftsplanungen und die ersten Vertragsgespräche mit ausgewählten Spielern. „Die ganze Zukunftsrederei geht mir auf den Keks. Alle sollen sich auf das hier und heute konzentrieren“, deutet Menze an, dass die Konzentration gelitten haben könnte.
In der Halbzeitpause hatte der Trainer noch eindringlich davor gewarnt, sich nicht auskontern zu lassen. Und was passiert? Schon nach zwei Minuten kassieren die Offenbacher nach einem eigenen Eckball (!) einen Konter und lassen einen Auer ab der Mittellinie frei aufs Tor zurennen – 1:2. Ab diesem Zeitpunkt war jegliche Moral und Ordnung dahin. „Unfassbar“, grollte Torwart Wulnikowski mit der Nachlässigkeit seiner Vorderleute, die auch bei den Toren Nummer drei (Hysky) und vier (Pospischil) patzten und Glück hatten, dass Braham einen Elfmeter (Kopilas an Braham) nur an die Latte schoss. Es gab zwar noch zwei klare Chancen durch David Ulm, doch dass ein Freistoß beim Stand von 3:2 am Pfosten landete, passte ins Bild der zweiten Halbzeit.
„Zeigen, dass wir Eier haben.“
Die Kickers müssen viel aufarbeiten und noch einmal alle Kräfte bündeln, um im letzten Spiel vor der Winterpause am Freitag gegen Rot-Weiß Erfurt einen einigermaßen versöhnlichen Abschluss 2009 hinzubekommen. Dass man bei einem Sieg auf einem Aufstiegsplatz überwintern würde, ist zunächst zweitrangig. „Nur drei Punkte zählen“, sagt Marko Kopilas. Und Robert Wulnikowski verspricht in bester Torwart-Manier wie einst Oliver Kahn: „Wir müssen jetzt zeigen, dass wir Eier haben.“